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„Ami-Lokale“ in Augsburg

 

In den langen Jahren der US-Präsenz nahmen die Gaststätten, Clubs und Diskotheken der Stadt einen bedeutenden Stellenwert in der Freizeitgestaltung der vor allem ledigen GIs ein. Die Gastronomie profitierte nicht nur von den amerikanischen Soldaten und ihren vielfach deutschen Begleitern und Begleiterinnen, sie gab ihnen auch einen für lange Zeit unvergesslichen Erinnerungswert von Augsburg in ihre Heimat mit. Viele Lokale wurden zu legendären Begriffen der soldatischen Freizeit, leider auch nicht immer im positiven Sinne.

Die Facetten des gastronomischen Lebens waren neben Heimweh vor allem der gesellige Zeitvertreib, Alkoholgenuß in den verschiedensten Varianten, amerikanische Musik und Tanz, der Kontakt zu jungen Mädchen und Frauen, bayerisch-schwäbisches Essen, aber auch Schlägereien durch Rassismus und Alkoholexzesse, dazu kamen Drogen und Prostitution. Einher ging auch ein Anstieg der Gewaltkriminalität. Psychisch traumatisierte Veteranen aus dem Vietnamkrieg ergänzten das Problempotential. Der in den frühen Jahren hohe Dollar-Wechselkurs forcierte den Gastronomiebetrieb zum Wohlwollen der Wirte („Goldene Jahre“). Während sich einzelne Lokale zu reinen afroamerikanischen Areas entwickelten, schirmten sich viele Wirte mit den bekannten „Off Limits“- Schildern am Eingang vor unangenehmen US-Besuchern wiederum ab. Die Freizeitwelt war einige Zeit lang gepriesen wie gespalten.

 

In den 1950er Jahren wies vor der Sheridan Kaserne ein Schild zur nahe gelegenen Broadway-Bar, später Bonanca-Bar. (Foto: Vereinsarchiv).

 

Das Lokalambiente der Aufbaujahre entsprach dem Geschmack der amerikanischen Soldaten ebenso wie der heranwachsenden Nachkriegsgeneration.

 

                                           Typische Lokalwerbung der amerikanischen Jahre.

 

Die gesellschaftlichen und militärpolitischen Gegebenheiten beeinflußten auch das gastronomische Leben über die Jahrzehnte. Geschlechtliche Begegnungen führten in zahlreichen Fällen nicht nur zu unehelichen Kindern, sondern auch zu Ehen, die mit einem neuen Leben in den Vereinigten Staaten glücklich oder weniger glücklich endeten. In den sozialen Netzwerken kann heute festgestellt werden, daß deutsche Frauen mit einer glücklichen „Amerikaner-Ehe“ zu einem positiven Botschafter Augsburgs in den USA wurden, dennoch weiter mit ihrer Heimatstadt stark verbunden sind. Umgekehrt sind amerikanische Soldaten ihren Augsburger bzw. deutschen Frauen zuliebe hier geblieben. Fotos aus den einstigen Lokalen zeigen eine stets lebenslustige Unbefangenheit zwischen den jungen Augsburgerinnen und den US-Soldaten. Gleichwohl führten die Kontakte zwischen GIs und deutschen Mädchen gelegentlich auch zu Spannungsfeldern, die unterschiedlichen Erwartungshaltungen geschuldet waren.

Die Zusammensetzung der Gäste machte manche Lokale zu Hochburgen ständiger MP-Einsätze, rassistische Massenschlägereien mit bis zu dreistelligen Teilnehmerzahlen waren in den 1960er Jahren fast an der Tagesordnung. Da wurde oft hart „zugelangt“. Bemerkenswert ist auch, daß Wirte wie Wirtinnen nach langjähriger Tätigkeit einen regelrechten Nimbus in der US-Szene erlangt haben. Die lockeren Umgangsformen der amerikanischen Soldaten gestalteten das Gäste-Wirt-Verhältnis schnell zu einer unkomplizierten Angelegenheit, was sich auch umsatzträchtig auswirkte. Amerikanische Discjockeys etablierten sich in der Szene. Mit der Einrichtung von Clubs innerhalb der Kasernen (NCO-, EM-Clubs) beruhigte sich der Unruhefaktor in den öffentlichen Lokalen.

 

Die amerikanischen Soldaten suchten auch in ihren Uniformen bürgerliche Gaststätten auf, wie hier 1953 im Hochfeld. (Foto: Johnnie Worth, Vereinsarchiv).

 

                     Klassisches Clubleben in den späten 1950er Jahren. (Foto: Dillon Prendergast).

 

Szene aus der Bahnhofsgaststätte Oberhausen in den 1960er Jahren, wo sich die GIs der Reese Kaserne trafen. Vorne Mitte der Wirt Josef (Joe) Klein, der später das „Last Chance“ führte. (Foto: Josef Klein).

 

 

Kaum noch amerikanische Akzente sichtbar: sehr bayerische Trinkszene zweier GIs. (Foto: Dillon Prendergast).

 

Ein Fallschirmspringer der 11th Airborne Division gestaltete geschmackvoll seine Erinnerungsalben („Scrapbooks“), hier über den Besuch einschlägiger Clubs. (Foto: Dillon Prendergast).

 

Leidenschaftliche Country-Darbietungen gab es in den späten Jahren im Silver Dollar bei der Flak Kaserne, heute Spectrum. (Foto: Michael Leary).

 

 

Der bayerische Exportschlager bis heute: die Geißenmaß. Ein unvergessenes Mischgetränk aus dunklem Bier, Cola und einem Schuß Cognac. (Foto: Wayne Redick).

 

Nachstehend eine alphabetische Übersicht von Gaststätten und Bars, die von den Amerikanern schwerpunktmäßig aufgesucht wurden und in der geschichtlichen Sammlung, in Zeitungsartikeln und sozialen Netzwerken auffallend Erwähnung fanden bzw. noch finden. Da viele weitere bürgerliche Gaststätten ebenso besucht wurden, kann dieser Überblick letztlich nur beispielhaft sein. Es waren gerade in den früheren Jahren nahezu alle Lokalitäten in Kasernennähe von US-Soldaten besucht, ebenso auch Altstadtkneipen und Cafes. Die Lokale sind zeitlich nicht chronologisch geordnet und durch Namens- und Besitzerwechsel ggf. mehrfach aufgeführt.

 

Apollo Bar, Theaterstraße

Apollo Club, Zeugplatz 1 (speziell für Offiziere, sehr frühe Jahre)

Alexis Club Augsburg, Ulmer Straße/Ecke Langemarckstraße, bei Reese Kaserne

Alcatraz, Deutschenbaurstraße (vorher „Pussy Cat“, später bis heute „Onkel Pö´s“)

Atlantik-Bar-Cabarett, Kirchbergstraße 2/ Ecke Augsburger Str. (vorm. „Bayerischer Hof“)

Bananas, Kaffeegäßchen 2 (Innenstadt)

Broadway Bar, Von-Rad-Str. 19, Nähe Sheridan Kaserne (50er Jahre)

Bologna (ehem. „Krone“), Pizzeria, Fröbelstr. 7

Bonanca Bar, Von-Rad-Str. 19, vormals Broadway Bar

Bounty Bar, am Senkelbach (vorher „Florida Bar-Cabarett“), Wolfgangstr. 4

Big Apple, Gögginger Str. bei Kongreßhalle (auch „Clochard, Subway, Metro, Kerosin“)

Balkan Grill, Haunstetten („Siedlerhof“), Sämannstraße

Blaue Grotte („Reiner´s Grotte“), Körnerstraße 29 (vorm. „Kaffee Reichsadler“)

Clichy (vorm. „Playboy“, vorm. „Drei Könige“) Augsburger Str. 37

Costa Bar, Donauwörther Straße 28b

Deutscher Kaiser, Hessenbachstr. 13

Deutscher Michel, Pfarrhausstraße 1a

Die Reichskrone, Oberhausen, Tobias-/ Neuhoferstraße, bei St. Josef

Das goldene Kreuz, Oberhausen, Tobias-/ Maurerstraße

Florida Bar-Cabarett, am Senkelbach (später „Bounty Bar“)

Gasthof Gleich („Hillbilly“), Wertachbrücke

GG-Club, Maximilianstraße 71 (später „Liquid“)

GoGo-Bar, Pfersee (auch „Bayerischer Hof“), Kirchbergstraße 2

Goldener Anker, Dußmannstraße 1

Goldener Engel, Kaltenhoferstraße 11, Nähe Bärenwirt

Goldener Engel, Augsburger Straße 13, Pfersee

Golden Girl, Ulrichsplatz

Heidelberger Faß, Billerstraße 33

Heimgarten, Ulmer Straße/ Ecke Langemarckstraße (mit Biergarten)

Hochfeld Gaststätte, Firnhaberstraße 7, bei Infantry Kaserne

Insel-Bar

Jägerhaus, Billerstraße 5, Oberhausen

Kakadu, Predigerberg 4 (ehem. Weinhaus Dominikanerkeller)

Kings Club, Obh. Bahnhof-Unterführung, Ulmer Straße-Ecke Sallingerstraße

Königsbau, Königsplatz (frühe Jahre)

Las Vegas, Donauwörther Straße 32

Last Chance (inoffizieller Name), Stadtberger Straße 33, ehem. „Zum Schlößle“

Lechstüble, Vorderer Lech 45 (später Thing Bar)

Marstaller Hof, Kriegshaberstr. 4, bei Flak Kaserne

Maxim, Theaterstraße

Oase, Augsburger Straße 37, Pfersee (vorm. „Drei Könige“), gegenüber Polizeirevier

Oberhausener Bahnhofsgaststätte, Wirt später in „Last Chance“, „Schlößle Pfersee“

Onkel Pö´s, Deutschenbaurstraße 20, (ehem. „Pussy Cat, Gitanes Club, Alcatraz“)

Orlando, Pfersee, Augsburger Straße (auch Western Saloon)

Österreichischer Kaiser, Oberhausen, Landvogtstraße 9, hinter Bhf. (mit Biergarten)

Posthörnle, Uhlandstraße 22, (später „Our Place“ American Music Bar der FSA-OP´s)

Playboy, ab 1967, Pfersee, Augsburger Straße 37 (heute Supermarkt)

Pussy Cat, Deutschenbaurstraße (später „Alcatraz“)

Redneck Mothers, Neusässer Straße/ Ecke Ulmer Str. (danach „Silver Dollar“)

Roter Ochse, Deutschenbaurstraße 2 (heute „Manolito“)

Rumpelkammer, Von-der-Tann-Straße/Ecke Bismarckstraße, bei Infantry Kaserne

Siegeshalle, Pfersee, Spicherer Straße

Silver Dollar, Neusässer Straße/ Ecke Ulmer Straße (heute „Spectrum“) bei Flak Kaserne

Tenne Bar, Oberhauser Bahnhof (später „Charly Bräu, Disco-V.I.P.5 Club“)

Thorbräu Circus, Ludwigstraße

Ulmer Post, Höchstettertraße 1

Uno-Bar, Deutschenbaurstraße 34, (in 60er Jahre „Melodien Bar“)

Unterbaarer Bierstuben, Ulmer Straße 218

Western Saloon, bis 1967, Pfersee, Augsburger Straße (später „Playboy“)

 

Fett hervorgehoben sind die von farbigen Soldaten bevorzugten Lokale.

 

(In die Betrachtungen gehören ferner Gaststätten im Umkreis der ehemaligen Infantry Kaserne (Prinz Karl), in Westheim/Steppach sowie in Gablingen und Stettenhofen/ Gersthofen, welche von Soldaten der Kaserne Gablingen bzw. Field Station aufgesucht wurden, hier aber nicht aufgeführt sind. Ein eigenes Kapitel bilden Gaststätten, die nach Kriegsende als Offizierskasinos beschlagnahmt wurden).

 

Links: Der Gasthof Heimgarten an der Nordseite der Reese Kaserne repräsentierte wie auch andere Restaurants die klassische bayerische Lokalkultur mit Biergarten. (Foto: Kevin Stall). Rechts: Die Gaststätte Hochfeld war in den 1960er Jahren der nahegelegene Anlaufpunkt für die GIs der Infantry Kaserne. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).

 

Mit der Stationierung der amerikanischen Streitkräfte hat sich das Gastronomieleben in Augsburg spürbar verändert. Die Lokale und Bars behielten ihren bisherigen Namen entweder unverändert weiter oder paßten sich einer heimatlichen Identifikation für die US-Soldaten an. Im Westen Augsburgs, aber auch in der Innenstadt änderten manche Gastronomen ihr Lokaldesign für die amerikanischen Besucher. Zum durchaus beliebten „Goldener Hirsch“ oder dem „Lechstüble“ kamen Labels jenseits des Atlantiks in das Augsburger Stadtbild, die eine neue Wirtshauskultur zum Ausdruck brachten. Man wußte auch gleich, wer hier vorzugsweise zu Gast war. Manche der Lokale und deren Wirte wurden zur Legende in der amerikanischen Stadtgeschichte.

                                                      

Auch die Lokale unterlagen am Ende der Konversion: Links die ehemalige „Blaue Grotte“, rechts das einstige „Last Chance“. Ein früherer Soldat erzählt vor der Fernsehkamera Erinnerungen aus seiner Stationierungszeit in der dortigen Disco. Beide Häuser wurden wie manch andere zu Wohnanlagen umgebaut, hier im architektonisch erhaltenen Baustil. (Fotos: Amerika in Augsburg e.V.).

 

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