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Deutsch-Amerikanischer Frauenclub

 

Nach dem Zuzug amerikanischer Familien in die Garnisonsstädte wurden die Frauen der US-Soldaten mit den Schwierigkeiten der gesellschaftlichen und administrativen Kultur Deutschlands konfrontiert. Während die Männer im täglichen Dienstbetrieb weitgehend versorgt waren, bestand für die Frauen in den neu geschaffenen Wohnsiedlungen die Gefahr einer Gettoisierung, die ihnen zur Bewältigung der persönlichen Integration nicht dienlich sein konnte. Als eine "Latte von Problemen" beschrieb eine spätere Präsidentin des Frauenclubs die Situation der Soldatenfrauen, womit ganz alltägliche Angelegenheiten gemeint waren, insbesondere am Anfang ihres Aufenthaltes.

Die Situation in dem noch erheblich bombengeschädigten Augsburg zeigte sich aber auch in der Weise, daß die Augsburgerin Vera Ohlenroth bereits 1953 eine kleine Gruppe amerikanischer Frauen betreute und sich mit ihnen im Hotel Weisses Lamm in der Ludwigstraße zu gemeinsamen Gesprächen traf. Als Charlotte von Hoermann nach einem mehrjährigen USA-Aufenthalt nach Augsburg zurück kehrte, weckte Frau Ohlenroth in ihr den Wunsch, einen Deutsch-Amerikanischen Frauenclub aufzubauen. Schon ab Februar 1954 regierten bereits die ersten Club-Präsidentinnen Frau Charlotte von Hoermann und die Amerikanerin Mrs. Molli Solomon (Ehefrau des gleichnamigen Brigadegenerals) den ins Leben gerufenen Frauenclub Augsburgs. Für ihre Gründungsbemühungen ernannte man später Frau von Hoermann zur Ehrenpräsidentin auf Lebenszeit.

Wegen der ständigen Abberufungsmöglichkeit der amerikanischen Damen wurden keine Clubbeiträge erhoben, es gab auch zunächst keine festen Statuten und registrierte Mitgliederlisten. Es sollte eine zwanglose "Friendly Group" im amerikanischen Sinn für Geselligkeit sein. Den weiblichen "US-Chairman" stellte stets die Gattin des jeweiligen amerikanischen Standortkommandanten oder eines der rangnächsten Offiziere. Wegen der beidseitig noch vorherrschenden Sprachschwierigkeiten beschränkte man sich anfangs auf kulturelle und musikalische Darbietungen, die eine einfache Annäherung beider Kulturkreise möglich machten. Vor allem der frühere Augsburger Oberbürgermeister Müller unterstützte mit seinem bekannten Engagement zur amerikanischen Garnison auch den Frauenclub, wo immer er nur konnte. Seine Ehefrau Anni stand ihm dabei als Ehrenpräsidentin tatkräftig und repräsentativ zur Seite.

Es war selbstredend, daß sich der Deutsch-Amerikanische Frauenclub nicht den militärischen, sondern kulturellen und wohltätigen Belangen zuwandte. Der Kontakt sollte auch dem gegenseitigen Verstehen und Kennenlernen dienen. Hierzu schrieb die damalige Schwäbische Landeszeitung von Augsburg am 22.10.1955 wie folgt wörtlich: 

"Auf charmante und fraulich herzliche Art treibt der Deutsch-Amerikanische Frauenclub seit zwei Jahren praktische Völkerverständigung im kleinen weiblichen Alltag. Amerikanerinnen und Augsburgerinnen kommen hier allmonatlich zusammen, um sich gegenseitig kennen und verstehen zu lernen. Für die ersteren sind die solcherart geknüpften Beziehungen nach eigener Aussage eine reizvolle Möglichkeit, die erste Fremdheit zu überwinden und den -meist nur relativ kurz bemessenen- Aufenthalt in einer der traditionell gastlichsten Städte von "Old Europe" auch zu einer menschlichen Begegnung auszunutzen. Die deutschen Partnerinnen ihrerseits nehmen mit steigendem Vergnügen die Gelegenheit wahr, ein fremdes, für den Durchschnittseuropäer noch immer geheimnisumwittertes Land durch die kapriziöse Brille seiner eigenen Bürgerinnen kennenzulernen."

Bei einem ersten großen Wohlfahrtsprogramm im Jahr 1956 sammelten die Clubdamen Kleidung für die Ungarn-Flüchtlinge nach dem damaligen Volksaufstand. Und 1958 gar nahmen sie bei der 11th Airborne Division in Gablingen mutig an einer gediegenen Fallschirmspringer-Grundausbildung während eines ganzen Nachmittags teil und erhielten dafür ein Diplom von Maj. Gen. U.S.A. Hugh P. Harris. 1966 wurde wiederum eine große Kleidersammlung für Vietnam-Flüchtlinge durchgeführt.

 

Eine der ersten Stunden des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs: Im Keller der städtischen Militärregierung (Prinzregentenstraße 8) unterrichtete die Amerikanerin Marian Ledbetter 1955 weibliche Flüchtlinge (Displaced Persons) im Maschinennähen. Hierzu organisierte sie vier Pfaff-Nähmaschinen. Nach ihrer Einarbeitung erhielten die DP´s sogar einen Stundenlohn von 25 US-cents für die Reparatur von Kleidungsstücken. Die Frauen aus den DP-Camps waren glücklich über die sinnvolle, abwechslungsreiche Betätigung. (Foto: via Andrea Hunt).

 

1961: Damenrunde im Hotel Weisses Lamm. Rechts: Oberbürgermeistergattin Anni Müller, 3. von links: amerikanische Präsidentin Mrs. Bernard Rogers

 

                                                 "Tea party" beim Augsburger Frauenclub

 

     OB-Gattin Anni Müller besucht das Altenheim Mickhausen (1966) und verteilt kleine Geschenke.

 

Amerikanerin am Krankenbett in Mickhausen. Ein kurzer Lichtblick im tristen Alltag der Heimbewohner. 

Historische Fotos: 24th Signal Bn

 

Die weitere Entwicklung des Clubs war insbesondere von den Besonderheiten der Deutsch-Bayerischen Kultur geprägt. Es gab Besuche verschiedenster Objekte in der näheren Umgebung bis hin zu zahlreichen Kulturreisen, Musik, Tanz, Tombolas, Konversation, Modeschauen, Wanderungen, Kunst und Bastelarbeiten, Ernährungslehre, Kochen und Backen, Spargelessen, aber auch Thanks Giving, Barbecue-Abende und immer wieder Dining out´s in guten Augsburger Lokalen. Bald mußten die unterschiedlichen Interessengebiete in Aktionsgruppen aufgeteilt werden, wobei manch geplante Veranstaltung durch unvorhersehbare Manöver eine Absage erfuhr. In den 80er Jahren hielt man sogar Deutsch-Amerikanische Kunstausstellungen ab und bei einem mit dem Men´s-Club veranstalteten Kuchenverkauf im Rathaus-Fletz wurden einmal beachtliche 4235 DM Einnahmen verbucht. Auch der Sport hielt neben dem Bowling Einzug in die Club-Aktivitäten. Gleichwohl war der Studentenaustausch schon frühzeitig ein Bestandteil der interkontinentalen Kulturarbeit.

Für die Integration der US-Familien sorgte bisweilen die kleine Broschüre "GERMANY, A Guide to Living and Working in Germany", die monatlich erschien und die Amerikaner/-innen über die öffentlichen und persönlichen Strukturen des deutschen Lebens informierte. Schließlich wurde der Club auch Mitglied im Dachverband "The Federation of German-American Clubs e.V.," der schon 1948 in Bad Kissingen gegründet wurde. Alle zwei Jahre wurde eine neue deutsch-amerikanische Präsidentschaft gewählt.

 

        links: Deutsch-Amerikanisches Kochen zuhause (1973) rechts: Präsidentschaftswahl (1981)

 

                                                              Präsidentschaftswahl (1984)

 

                      links: Amerikanisches Board (1984), rechts: 30jähriges Clubjubiläum (1984)

 

                                               Immer wieder auf dem Programm: Modeschauen

 

Ein wesentliches Element der Wohltätigkeitsarbeit waren die regelmäßigen Besuche von Alten- und Behindertenheimen sowie Waisenhäuser in Augsburg und Umgebung. Umgekehrt fanden im Offiziersclub u.a. auch Adventsfeiern mit eingeladenen Altenheimbewohnern statt. Mit dieser Sozialbetreuung wurden immer wieder Sach- und Geldspenden getätigt, so z.B. im Jahr 1980 über 1700 DM in jeweils dreistelligen Beträgen an die verschiedensten Einrichtungen. Auch das eigene Armeehospital in der Flak Kaserne erfuhr von den Clubdamen eine stete Fürsorge. Anderweitig erhielten einzelne Bedürftige und Alleinstehende spendable Unterstützung. Im Jahr 1981 wurden für die Wiederherstellung des Goldenen Saales im Rathaus beachtliche 10.000 DM überwiesen, ein Deutsch-Amerikanischer Frauenbeitrag zur 2000-Jahr-Feier Augsburgs. Zu dieser Zeit waren rund 100 offizielle Clubmitglieder verzeichnet.

Die Dokumente zeigen aber auch die intensive Einbindung des Frauenclubs in gesellschaftliche Aktivitäten aller Art, wie Zeremonien, Kommandeurswechsel, Bälle und Traditionsveranstaltungen. Dabei entwickelten sich immer wieder persönliche Beziehungen. 1976 wurde zur 200-jährigen Staatsgründung der USA im Offizierskasino ein großes Essen im Kolonialstil abgehalten. Im November 1984 schließlich fand im Hotel Drei Mohren das 30-jährige Bestandsjubiläum des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs mit großer Gala, Festessen und Tanz statt. Zugegen waren der damalige Kommandeur Donald E. Eckelbarger mit Gattin. Das 40-jährige Clubjubiläum wurde am 26.2.1994 im Stil eines Renaissance-Festes mit der Darbietung des historischen Geschlechtertanzes glanzvoll gefeiert. Insgesamt entwickelte sich der Frauenclub in den Jahren zu einer groß organisierten Kulturgesellschaft, die auch ihre Finanzmittel professionell verwalten mußte.

 

           links: Dining out im Fuggerkeller (1984), rechts: Deutsch-Amerikanischer Frauenfasching

 

links: Der Renaissance-Geschlechtertanz (1985), rechts: Clubgründerin Charlotte von Hoermann (vorne Mitte, 1987)

 

Am 16. Mai 1990 stieg der Augsburger Frauenclub sogar in die Weltpolitik der beiden Großmächte ein. In das Offizierskasino der Sheridan Kaserne eingeladen waren der sowjetische Konsul Dr. Anatole Ponomarenko und der stellvertretende US-Generalkonsul aus München, James F. Jeffrey, wo sich beide Gäste den Fragen zu Weltpolitik und Perestroika stellten, insbesondere aber auch zur politischen Situation in Europa nach dem Fall der Mauer. Die Damen des Clubs scheuten auch die Frage zur Emanzipation der sowjetischen Frauen nicht, und wohl zum ersten Mal in der Augsburger Kasernengeschichte standen die deutsche, amerikanische und sowjetische Flagge gemeinsam im großen Lechfeldsaal des Offizierskasinos. Unter den rund 350 Besuchern befand sich auch der in Augsburg kommandierende General Creighton Abrams jun. Federführend bei dieser epochalen Veranstaltung war Kathleen S. Pelletier.

 

links: Mrs. Pelletier, James Jeffrey und Anatole Ponomarenko, rechts: Dinner im Lechfeldsaal des Offiziersclub

 

links: Gen. Abrams (links) und Konsul Ponomarenko, rechts: Sowjetisch-Amerikanischer Dialog in der Sheridan Kaserne

 

Vom Schatten der militärischen Realität wurde auch der Frauenclub eingeholt. Mit dem Ausbruch des ersten Golfkriegs am 17.1.1991 hielt man Fürbitt-Gottesdienste für die in die Golfregion abgesandten Augsburger Soldaten ab, und die Versorgung der zusätzlichen örtlichen Wachsoldaten bei Minusgraden von damals bis zu 16 Grad Celsius forderte von den Clubfrauen erheblichen Einsatz ab. Die durch die Wiedervereinigung bedingten, kontinuierlich erfolgten Truppenreduzierungen brachten den Frauenclub andererseits in ein nationales Ungleichgewicht. So betrug der Anteil der amerikanischen Frauen 1992 gerade noch 25 Prozent, Mitte der 90er Jahre festigte er sich wieder auf knapp die Hälfte. Damit einher gingen aber auch die Schwierigkeiten, Clubpositionen der Amerikanerinnen neu zu besetzen. Ein Ende schien absehbar.

Für die meisten Augsburger waren die Aktivitäten der Clubfrauen weitgehend unbekannt, sofern sie in keinem näheren Kontakt mit den US-Truppen standen. Die über Jahrzehnte anhaltende Gemeinschaft bis zum endgültigen Abzug der Army belegt die außergewöhnliche Vielfalt des Begriffs "Amerika in Augsburg": Sie schuf ein gesellschaftliches Leben der besonderen Art, das sich im Wandel der Zeit zwar veränderte, aber heute noch in stillen Kontakten weiter anhält. Viele der Aktionistinnen sind inzwischen schon verstorben, umso mehr gebührt ihnen eine Erinnerung an die Nachwelt. 

 

Quellen: Dokumente des Deutsch-Amerikanischen Frauenclubs Augsburg

 

Ein Nachruf

Die Gründerin Frau Charlotte von Hörmann verstarb 105-jährig am 9. Januar 2013 friedlich in einem Augsburger Pflegeheim. Die Urnenbeisetzung fand am 30. Januar 2013 im Grab ihres Mannes Adolf von Hörmann statt. Von 1947 bis Ende 1953 lebte sie mit ihm überwiegend in Raleigh, North Carolina. Danach kehrten beide wieder nach Augsburg zurück. Major Rick Cervenka, USAR Field Artillery, Ret. und Mitglied bei Amerika in Augsburg e.V., erwies ihr stellvertretend für die einst in Augsburg gewesenen Amerikaner und Amerikanerinnen die letzte Ehre.

 

                                                  Charlotte von Hörmann 1948 in Raleigh, N.C.

 

Im Hintergrund, rechts: Rick Cervenka von Amerika in Augsburg e.V. und der American Legion Dwight D. Eisenhower Post GR13.

Fotos: Amerika in Augsburg e.V.

 

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