Es gab, abgesehen von vielen bekannten Nachtclubs die nahezu ausschließlich von Amerikanern besucht wurden, auch eine Reihe möglicherweise nicht sonderlich spektakulärer aber dafür typisch deutscher Wirtschaften, die von Deutschen und Amerikanern wegen der dort servierten herzhaften Speisen gerne besucht wurden... und deren Gäste sich wie zu Hause fühlten. Eine dieser Wirtschaften ist der „Österreichische Kaiser“ in der Landvogtstraße 9.
Die Wirtschaft gibt es 2012 immer noch - und sie wird auch immer noch von einer Anzahl Amerikaner besucht, die in Augsburg stationiert waren und hier geblieben sind. Sogar Gruppierungen wie die “Veterans of Foreign Wars” und die “American Legion” sind gerne im „Österreichischen Kaiser“ präsent und feiern ihre Halloween und Christmas Parties.
Von Anfang der 50er bis Mitte der 60er Jahre waren Ludwig und Rosamunde (von den Amerikanern Rosie genannt) Mack dort die Wirtsleute, die auch die angeschlossene Metzgerei betrieben, welche ebenfalls viele amerikanische Kunden hatte. Es ist bemerkenswert, dass Rosie sich nicht daran erinnern kann, dass es jemals Streitigkeiten zwischen ihren amerikanischen und deutschen Gästen gegeben hätte oder Probleme mit den Nachbarn, wenn die Nacht mal länger und lauter wurde, weil Gäste ein Bier über den Durst getrunken hatten.
In der Gaststube finden etwa 60 Personen Platz (plus etwa 35 im Nebenzimmer). Besonders beliebt war schon damals der schattige Biergarten, wo das Fürst Fuggersche Bier aus Babenhausen noch besser schmeckte als drinnen. Heute wird das Bier einer anderen Brauerei ausgeschenkt, nachdem es die Fürst Fugger Brauerei schon eine Reihe von Jahren nicht mehr gibt.
Die Gäste mochten Rosies herzhaftes (amerikanisches) Frühstück und, natürlich ganz besonders, T-bone Steak mit Bratkartoffeln, Zwiebelrostbraten, Wiener Schnitzel mit Pommes Frites und diverse Sandwiches, darunter die hauseigene Spezialität „Rosies Sandwich“, deren Rezept Rosie auch im Alter von 87 Jahren nicht preisgeben will! Es gab auch eine Menge Bestellungen zum Mitnehmen – Einzelbestellungen von 20 Sandwiches für die „Nachtschicht“ in einer der nahen Kasernen hielten Rosie auch um zehn Uhr abends und später auf Trab.
Als gute Freunde Ihrer (amerikanischen) Gäste wurden die Wirtsleute zum „Bingo“ im nahen Officers Club / Recreation Center - heute Kulturhaus „abraxas“ der Stadt Augsburg - in der Reese Kaserne eingeladen. Rosie erinnert sich daran, einmal ein leckeres, halbes Backhähnchen gewonnen zu haben. Es gab sogar Einladungen von amerikanischen Familien zu Kaffe und Kuchen in der Centerville Housing Area.
Rosie fällt nur an ein einziges unschönes Erlebnis ein: eine Hausdurchsuchung seitens Zoll / Kripo wegen ein paar Dosen Pfirsiche, die ihr ein amerikanischer Gast geschenkt hatte.
Heinz Strüber, 11. Dezember 2011
Rosamunde Mack schneidet im September 1958 ihre original amerikanische, weiß-rosa Geburtstagstorte auf, die ein US-Bäcker aus der Quartermaster Kaserne (zweiter von rechts) gebacken hatte. Im "Österreichischen Kaiser" versammelten sich dazu deutsche und amerikanische Stammgäste sowie Hausbewohner. Ihr ehemaliges Lokal mit seiner amerikanisch-bürgerlichen Vergangenheit, abseits der schablonenhaften (späteren) Bar- und Prügelszene, schloß endgültig im September 2013, Frau Mack beging zu gleicher Zeit ihren 90. Geburtstag.
(Foto: Anlässlich des 90. Geburtstages von Rosamunde Mack schenkte ihr eine frühere Bedienung (Christa, vierte von links) ein gerahmtes Foto von Rosies Geburtstagsfeier am 26.09.1958 im "Österreichischen Kaiser").