Obwohl nicht im Stadtgebiet von Augsburg gelegen, bedarf die sprichwörtliche „Radaranlage“ in Gablingen einer historischen Eingliederung in die amerikanische Liegenschaft Augsburg. Als militärische Einrichtung ist sie mit den Kasernen der Stadt über zwei Jahrzehnte dienstlich verknüpft gewesen. Ihre funktionelle und optische Besonderheit machte sie in der öffentlichen Diskussion lange Zeit zu einem Streit- und Reizobjekt besonderer Art.
Ausgangslage
In den 1960er Jahren errichteten die amerikanischen Streitkräfte weltweit einen Ring von nachrichtendienstlichen Abhöranlagen. Der Kalte Krieg und die gegenseitige Bedrohung der beiden Großmächte USA/UDSSR führten zu einem beiderseitigen Bedürfnis des „Vorsprungs von Wissen“ über den anderen. Um die Peripherie der ehemaligen Sowjetunion bzw. des Warschauer Paktes entstanden von Alaska bis Japan Stationen unterschiedlichster Antennenanlagen, im Falle der U.S. Army speziell der Typ Wullenweber AN/FLR-9 Kreisantenne CDDA (Circulary Disposed Dipole Array). Schon in den 1950er Jahren gab es im Ostblock und in anderen Ländern zahlreiche sog. „Krug“- (Kreis) Antennen, das sowjetische Gegenstück zur Wullenweber-Version.
Die ersten Antennen dieses Typs wurden 1962 in Chicksands/England sowie in San Vito/Italien installiert. 1966 erfolgten weitere Anlagen in Japan, Alaska und der Türkei. 1970 schließlich entstanden die beiden letzten FLR-9 in Thailand und Gablingen/Deutschland. Die US-Marine bevorzugte den ähnlichen Antennentyp AN/FRD-10 zur Erfassung des weltweiten Funkverkehrs. Mit dem Verfahren der geometrischen Triangulation (Direction Finding) konnten die Wullenweber*-Antennen die Quelle von Funksprüchen bis angeblich 7400 km präzise orten sowie Bewegungsprofile von Ost-Manövern erstellen, dies auf drei Kurzwellenbändern von 1,5 bis 30 Megahertz. Damit wäre im weltweiten Abhör-Netzwerk „Iron Horse“ der gesamte Ostblock im Funkverkehr überwacht gewesen. Ziel waren die politischen Feindstaaten, deren Verbündete sowie Client-Staaten in aller Welt.
In einem streng geheimen Überwachungsprojekt schickten die USA zwischen 1968 und 1979 insgesamt neun Spähsatelliten in den Erdorbit. Sie sollten die in den Weltraum entweichenden Mikrowellen-Funkdaten auffangen und nach Bad Aibling/Obb. weiterleiten. Hierzu standen neben Soldaten der Army Security Agency (ASA) auch rund 100 zivile Mitarbeiter der amerikanischen Lockheed-Werke sowie Angehörige der National Security Agency (NSA) im Dienst. Offiziell wurden die Satelliten zur Infrarot-Früherkennung von sowjetischen Raketenstarts deklariert, doch das Geheimprojekt war von Anfang an von einem Sowjetspion verraten worden. Die Antennen behielten also so oder so ihre funktionelle Berechtigung, zumal bei den ersten Satelliten einiges schief lief. In den Gablinger Ursprungsplänen war beabsichtigt, das geostationäre Lauschprojekt Wildbore auch nach dort zu verlegen. Die dazu benötigten Radom-Antennen wurden jedoch nicht gebaut. Allerdings entwickelte sich die in den späteren Jahren erfolgte Datenerfassung von Telekommunikationssatelliten zu einem offenen Geheimnis in der Berichterstattung.
Die Field Station aus der Luft im ausgebauten Zustand der letzten Jahre. (Foto: Carl Schweibinz).
Statt braun, hier in weiß: das Kasernentorschild am Zufahrtsweg. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
Die tätigen Nationen im Kreis ihrer Gemeinsamkeit. Schild im Eingangsbereich des Gebäude 1801. (Foto: Vereinsarchiv).
Teilansicht von Südwesten: Gebäude 1801 und Antenne. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
Gablingen – die Truppenchronik
1969 projektierte die italienische Firma McGaughy, Marshall, McMillan&Lukas die „Field Station Augsburg“, im internen Sprachgebrauch Site 300 genannt. Hauptauftragnehmer der AN/FLR-9 Antenne war die F&M Systems in Dallas. Am 12. Januar 1972 wurde die Gablinger Anlage mit 277 Soldaten offiziell in Dienst gestellt und erhielt die autorisierte Bezeichnung „USASAFS“ (U.S. Army Security Agency Field Station) Augsburg. Damit sollten zur Kosten- und Personaleinsparung andere in Deutschland und im europäischen Ausland bestehende kleinere Horchanlagen (Field Stations) zusammengelegt werden. Auch versprach man sich auf Grundlage einer Studie eine effizientere Nutzung und Arbeitsweise.
Zur Auswertung des Kurz- und Mikrowellenverkehrs waren mehrsprachige Analysten, Operateure, Kryptologen mit Kenntnis auch einschlägiger Ost-Dialekte (Linguisten) von großer Bedeutung. Dieser Arbeit gingen aufwendigste Nachrichten- und Computertechnik, Kryptoanalyse, Hochfrequenz-Morse, Sonagraphie u.a. Verfahren einher. Was wirklich alles dort praktiziert wurde, bleibt auch heute noch grundsätzliches militärisches Geheimnis. Für ihre speziellen Qualifizierungen und Tätigkeiten erhielten die Soldaten Acronyme aus Zahlen und Buchstaben (MOS=Military Occupation Specialities). Dennoch stellt sich im Nachhinein mehr und mehr heraus, daß dort auch nur Menschen mit den Tücken der Technik am Wirken waren. Manche Legenden der Anlage haben sich hartnäckig erhalten und wurden zum Selbstläufer in den Medien. Die Geheimhaltungspraktiken vor Ort waren bisweilen eine Manie, auch wenn sie aus Sicht der damaligen breiten Infiltration durch Ostspionage relativiert werden muß. So stellte sich Jahrzehnte später nach Einsicht der Stasi-Akten heraus, daß schon 1972 eine umfangreiche Ausspähung der ASA erfolgte. Die Staatssicherheit der DDR erkundete insbesondere das Freizeitverhalten der amerikanischen Soldaten, ihre Wohnungen, Stammlokale und die Möglichkeiten des Zutritts in die Flak Kaserne (Hauptquartier der ASA). 1986 erstellte sie einen detaillierten, 14-seitigen Geheimbericht über die Struktur und Tätigkeit der (INSCOM) USAFSA Augsburg/Gablingen. Dieser Bericht stand bis im Jahr 2011 unter der Geheimhaltung des Archivs der Stasi-Unterlagen-Behörde.
Die Geschichte der Gablinger Nachrichteneinheiten, also ihre Wechsel, Reorganisationen und Umbenennungen (Reflagged), ist ein komplexer Vorgang in dem Vierteljahrhundert ihrer militärischen Arbeit. Sie würde den Rahmen dieser Übersicht sprengen. Im Frühjahr 1972 richteten sich sowohl die US-Luftwaffe wie auch die US-Marine (Naval Security Activity, NAVSECURACT) mit 64 Seeleuten in der Gablinger Site 300 (Building 1801) ein und bildeten damit ein Konglomerat der verschiedenen Waffengattungen, die jedoch bevorzugt ihre eigenen Interessen verfolgt haben dürften. Die Air Force war mit einem Electronic Security Squadron „ESS“ vorstellig. Entsprechend ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse belegten die drei Waffengattungen auch getrennte Arbeitsbereiche im Gebäude 1801. Im Sommer 1972 stand die 701st Military Intelligence Brigade (Provisional) mit fünf Bataillonen und 2673 Personen im Dienst. Damit waren auch alle externen Stützpunkte der Army Security Agency ASA, wie vorgesehen, in Gablingen integriert.
Das hohe Personalaufkommen war mit der ursprünglich konzipierten Snack-Bar im Eingang nicht mehr zu verköstigen. So wurde schon am 23.9.1972 eine neue Großkantine (Mess Hall, Geb. 1804) für 1000 Personen eingeweiht. Mit den hoch qualifizierten Sprachanforderungen nahm auch die Zahl der weiblichen Soldaten mehr und mehr zu. Da die Nachrichtendienstler vor allem in der Sheridan Kaserne wohnten (Blöcke Nr. 154-157, 155 war ausschließlich für weibliches Personal vorgesehen), entstand neben einem enormen Reiseverkehr zwischen Augsburg und Gablingen auch die Einrichtung eines zivilen Shuttlebus-Systems. Denn die nachrichtendienstliche Tätigkeit erfolgte vierschichtig im Rund-um-die-Uhr-Betrieb (sog. Tricks). Weitere Einheiten wie das spätere 204th MI Battalion (A Co, ehemals 409th ASA Co) waren in der Flak Kaserne untergebracht.
Im Herbst 1974 erfolgte eine Umorganisation der 701st MI Brigade (Provisional) in drei Ops (Operations), ein Forward Ops und ein Support Battalion, die im Frühjahr 1975 abgeschlossen war. Ein Jahr später fand bereits ein technologischer Wandel des nachrichtendienstlichen Equipments statt. Zur Personaleinsparung und einer automatisierten Antennennutzung wurde die bis dahin betriebene TEBO-Technologie durch das inzwischen entwickelte, fernsteuerbare La Faire Vite-System weitgehend ersetzt. Im August 1976 richtete sich auch die Bundeswehr als Fernmeldestelle Süd Bundeswehr in der Gablinger Site 300 ein. Die Arbeitsbedingungen wurden jedoch aus vielerlei Gründen nicht gerade als akzeptabel befunden, was 1985 zum Bau eines eigenen Operationsgebäudes unter Mitnutzung des Bundesnachrichtendienstes (Deckname Drehpunkt) führte.
Im Oktober 1976 wurde das neue Intelligence and Security Command INSCOM in Dienst gestellt. Bis Oktober 1978 reduzierte sich die Gablinger Mannschaftsstärke auf 1619 Personen. Im Mai 1977 erfolgte die Umbenennung der Anlage in USAFSA (U.S. Army Field Station Augsburg). 1985 ging das Gelände Gablingen in die Hoheit der Bundesrepublik über, die Amerikaner waren ab da nur noch Pächter. In dieser Zeit verlegte die Combined Group Germany (CGG), eine spezielle Verbindungsgruppe von CIA und BND, von München in die Gablinger Field Station (intern: Bundeswehr-Austauschgruppe). 1988 gliederte man die Ops-Battalione der 701st MI Brigade in ein 711th, 712th, 713th und 714th MI Battalion um. Ihre Außerdienststellung erfolgte 1993, was zur später wohl etwas irrigen Aussage der kompletten Gablinger Anlagenschließung führte. Die zur Field Station gehörenden GATOR-Heeresflieger verabschiedeten sich bereits im März 1992.
Zum zehnjährigen Bestandsjubiläum der Field Station Augsburg braute die Thorbräu Augsburg eigenes Bier für die Gablinger Militäranlage. (Foto: Vereinsarchiv).
Gruppenfoto eines Lehrgangsabschlusses. (Foto: Vereinsarchiv).
Change of Command-Parade zum Wechsel von 701st MI Brigade zur 66th MI Brigade. (Foto: Ulli Schraml).
Gruppenbild (ASE of HOC) des 713th MI Bn/2nd Ops, 1990 vor der AN/FLR-9 Antenne. Foto: via Michael Chipperini.
Tatsächlich belegte dann die Münchener 66th MI Brigade aus der dortigen McGraw Kaserne die Gablinger Field Station, die ab 1995 zur Group (Provisional) abgestuft wurde. In diesem Jahr erfolgten noch Nachrüstungen an der Antenne. In den Jahren ab 1993 konzentrierte sich die nachrichtendienstliche Tätigkeit mehr und mehr auf die mobile, satellitengestützte Gefechtsfeldaufklärung und speziell dafür ausgestattete Fahrzeugmodule mit höchstem IT-Level, wie Trackwolf, Top Gallant, RAPIDE, Trojan, ETUT u.a.. Hierzu wurden an der Ostseite des Gebäudes 1801 spezielle Abstellbereiche (hardstands) mit leistungsstarken Stromversorgungen geschaffen. Die Antennennutzung schien andere Prioritäten bekommen zu haben, zumal der beendete Kalte Krieg mit dem Mauerfall und dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Neuausrichtung der Nachrichtendienste mit sich brachte. Der technische Vorsprung in der Satellitenaufklärung tat ein übriges. Im Frühjahr 1996 erst verabschiedete sich die Navy von der Anlage.
Im Sommer 1998 verlegte mit dem Augsburger Truppenabzug auch die 66th MI Group nach Bad Aibling und Darmstadt, die Wullenweber-Antenne wurde weiter formal von Bundeswehr (Fernmeldestelle Süd) und Bundesnachrichtendienst genutzt. Zum Jahreswechsel 1999/2000 erfolgte die offizielle Übergabe der Gablinger Anlage an die Deutsche Regierung.
Gablingen – Lage und Gebäude
Der Standort der Gablinger Wullenweber-Anlage zeichnete sich durch mehrere günstige Faktoren aus. Er lag nicht nur mittig zwischen den beiden benachbarten Field Stations in England und Italien, sondern war bereits ohnehin in amerikanischer Hand. Dies erübrigte Grundstücksfragen mit zu erwartendem öffentlichen Widerstand. Des weiteren bot sich das weitflächige und planebene Flugplatzfeld für den unverzüglichen Bau einer so großen Antennenanlage optimal an. Schließlich störten auch keinerlei höheren Objekte in der Umgebung die notwendige Qualität des Antennenempfangs. Als Vorteil zeigten sich zudem die in Augsburg gelegenen Kasernenunterkünfte für das vorzuhaltende Personal.
Nicht zu unterschätzen war die topo-geographische Lage: von zwei Seiten durch Bahngleise und einer anderen Seite durch eine stark befahrene Bundesstraße eingegrenzt, ergab sich ein nur erschwerter Zugang für die Öffentlichkeit und damit auch für unerwünschte Besucher (z.B. Militärgegner oder Ausspähung durch die damalige sowjetische Militärmission). Der Süden war durch offenes Feld weit einsehbar und verkehrstechnisch unzugänglich. In der zur Straße gelegenen Südostecke des Geländes wurde dann das Haupttor (Main Gate) der Field Station eingerichtet. Zweifelsohne gab es auch noch andere Entscheidungsgründe für die Gablinger Standortwahl.
Geographische Lage der Field Station im Gablinger Flugplatzgelände, 464,1 Meter über Meershöhe. Die alte Kaserne an der Bundesstraße 2 ist bereits nicht mehr vorhanden. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
Maibaumschmuck an der Zufahrt zum Main Gate. (Foto: Air Force ISR Agency).
Main Gate im Abendlicht: 701st MI Brigade, Home of the Professionals. (Foto: Vereinsarchiv).
Das Haupttor nach dem Abzug der amerikanischen Truppen. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
„Das Wichtigste der Antenne ist nicht sichtbar und liegt unter der Erde!“ Mit dieser Aussage eines dort Beschäftigten waren nicht etwa tiefgehende Stockwerke gemeint, sondern „reflecting ground mats“, die unter dem Rasen liegenden Gittermatten zur Antennenstabilisierung. „This antenna has an excellent ground system“, so auch eine Bewertung des über 30 Meter weit nach außen reichenden Bodenbildschirms für die äußeren (großen und kleinen) Antennenfinger des A- und B-Bandes. Diese unsichtbaren Antennenteile vergrößern den effektiven Gesamtdurchmesser des Arrays auf insgesamt 440 Meter, der sichtbare Antennenkreis beträgt 366 Meter. Hinter den großen und kleinen Monopolantennen steht das weit sichtbare 36 Meter hohe Antennengitter, genannt auch „Elefantenkäfig“ (Elephant Cage), das jedoch nur die Funktion eines Reflektors erfüllt. Zwischen den 96 Gittermasten verlaufen ringsum die fast unsichtbaren senkrechten Drähte des eigentlichen "reflecting screens" (Bildschirm). Weiter innen befindet sich die verworrene Ringstruktur des C-Bandes für zahlreiche, ringsum angeordnete Dipole, die den Empfang von 18-30 MHz ermöglichen. Alle Antennen- und Reflecting-Standelemente sind auf Betonfundamente gesetzt. Ganz im Inneren der Antenne steht das erdgeschossige „Rundhaus“, dem die Kabel von den äußeren Antennenelementen her zugeführt und von dort in einem dicht unter die Erde gelegten Tunnel von 2x1,2 Meter Ausmaß zum Bldg 1801 (Operationsgebäude) weitergeleitet werden. Wesentliche Funktionselemente sind dabei die im Rundhaus stehenden Goniometer zur Bestimmung der Winkelmessung der eingehenden Funksignale.
Sicht auf die Antennenanlage am nördlichen Werksbahngleis der früheren Farbwerke Hoechst AG. (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
Momentaufnahme vom Bau der Antenne. (Foto: Vereinsarchiv).
Sicht auf die Wullenweber-Antenne. Deutlich erkennbar von außen die 48 großen Monopole (A-Band, 2-6 MHz), dahinter die 96 kleinen Monopole (B-Band, 6-18 MHz) und in der Mitte das C-Band mit 48 Antennenelementen (18-30 MHz) sowie das Rundhaus (Building 1800). (Foto: Google Earth). Die Kosten solcher Antennen sollen sich damals zwischen 15 und 25 Millionen US-Dollar belaufen haben.
Das Operationsgebäude Bldg 1801 (Site 300) entsprach in keiner Weise der atomsicheren Bunkerlegende, die man ihm (möglicherweise wegen der fehlenden Fenster zur elektromagnetischen Abschirmung) nachgesagt hat. Auf einer Betonplatte von knapp 13.000 m² wurde nämlich ein Raster von über 100 Stahlstützen erstellt, auf die man eine wiederum stählerne Binderkonstruktion aufsetzte. Ebenso verhindert ein fensterloser Bau die Möglichkeit fremder elektronischer Raumüberwachung durch die z.B. lasertechnische Aufnahme von Sprachschwingungen in Fensterscheiben. Das Flachdach aus Bimsbeton-Dachelementen entsprach herkömmlicher Bauweise, die Außenwände wurden mit speziellen Fertigpaneelen verkleidet. Im überaus hohen Zwischendach verlegte man vielfältige Versorgungsleitungen, Rohrpost und eine größere Zahl von Luftwäschern zur Befeuchtung der Räume. Nur der später im Südwesten angebrachte Anbau der Command Section wies zwei voll nutzbare, oberirdische Stockwerke mit Büroräumen auf. Gebaut wurde der Komplex von deutschen Baufirmen unter Leitung des amerikanischen Konzerns Fishbach&Moore.
Im Inneren des insgesamt 8 Meter hohen Komplexes befand sich ein Labyrinth von Räumen und Sälen, die nur durch wenige Hauptgänge strukturiert waren. Eine gewisse Aufteilung erfolgte durch die Benennung von zwölf Areas. Das in der Mitte gelegene Command Center war bodenseitig einen knappen Meter tiefer gelegt. Dies erforderten wohl große, bewegliche Schiebetafeln („Sliding Panels“) für Demonstrationszwecke, die bis zur Bodenebene reichten. Der einzige offizielle Zugang befand sich westseitig über eine Wachpforte und die Kontrolle des MP-Office im Haupteingang. Das gesamte Areal der Field Station war mit einem Doppelzaun und dazwischen liegenden Sicherheitsstreifen sowie zwei Wachtürmen gesichert. Bei Dunkelheit wurde dieser Streifen hell beleuchtet.
Ansicht der TEBO-Anlage im Innern des Operationsgebäudes. (Foto: Vereinsarchiv).
Ansicht der nachfolgenden La Faire Vite-Anlage. (Foto: Harris Inc.).
Ansicht aus einer anderen, älteren Wullenweber-Anlage in Europa. (Foto: 6917th ESG).
Außer Dienst. Blick in die leeren Flure von "1801". (Foto: Amerika in Augsburg e.V.).
Im Laufe der Jahre vollzogen sich mehrfach räumliche Umgestaltungen mittels Trockenbauwänden. Dies war hinsichtlich der sich stets verändernden Technologien und Strukturen militärischer Anforderungen unvermeidlich. Auch der Stromverbrauch schien angesichts zusätzlich angebauter Trafo-Anlagen ebenso anzusteigen wie der Kühlbedarf für die computererhitzten Arbeitsräume. Die anfänglich im Gebäude eingebauten Verbrennungsöfen für Geheimdokumente wurden in den 1980er Jahren durch eine Shredderanlage ersetzt, die in einem separaten Stahlgebäude an der Nordseite untergebracht war. Auch für den erhöhten Verbrauch von Magnetbändern mußten zusätzliche Lagerkapazitäten samt einer Entmagnetisierungsanlage geschaffen werden. Große Notstromaggregate konnten im Bedarfsfall den Betrieb der Abhöranlage aufrecht erhalten. Das Gebäude verfügte über eine Sprinkleranlage, Brandmelder und Löschwasserhydranten. Bei unvermeidlichem Besuch von Fremdpersonen trat eine hausinterne Warneinrichtung in Funktion. Im Falle einer kriegerischen Intervention durch die Warschauer Pakt-Staaten – die Anlage sollte nicht in gegnerische Hände fallen – wären die Abhöreinrichtungen im Gebäude einem intensiven, vorbereiteten Zerstörungsszenario unterworfen worden.
Alles in allem beinhaltete „1801“ eine stets dichte Ansammlung nachrichtendienstlicher Technik, computertechnischer Spielwiesen sowie allzu menschlicher Sprachgenies aus der breiten Gesellschaft Amerikas. Was sonst noch erfaßt wurde und interessant erschien, oder per Satellit an andere Nachrichtendienststellen automatisch weitergeleitet wurde, bleibt in Anbetracht einer jahrzehntelangen militärpolitischen Bedrohungslage relativ und bis auf weiteres wohl unausgesprochen. Die heutige Nutzung der Wullenweber-Antenne ist nicht mehr Gegenstand dieser Rückschau.
* Die „Wullenwever-Antenna“ wurde von dem deutschen Dr. Hans Rindfleisch erfunden und so benannt. Sie fand in den verschiedensten Formen einer Kreisantenne Verwendung.
Eine Bell-UH1 der "Gator Flight" beim Landeanflug im Abendrot der Kreisantenne. (Foto: Vereinsarchiv).
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