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Die Militärpolizei

 

Ausgangslage und Entwicklung 

In den unmittelbaren Nachkriegsjahren bestand in den zerbombten deutschen Städten ein Vakuum rechtlicher Ordnungsgewalt. Die Polizeistrukturen waren aufgelöst, in den Ortschaften befanden sich überwiegend Frauen, Kinder und Alte. Das Deliktwesen konzentrierte sich durch die materielle Not bedingt auf Beschaffungskriminalität, Schwarzmarkthandel, Schmuggel und Plünderungen bis zum Racheraub ehemaliger Zwangsarbeiter. Der Flüchtlingsnotstand, umherziehende Heimatlose und ´Displaced Persons´ aus unterschiedlichen Nationen führten zu weiteren Rechtskonflikten. Das Elend eines verlorenen Krieges stellte die Siegermächte und ihre örtlichen Militärverwaltungen vor gravierende Probleme. Auch die anwesenden Besatzungstruppen waren (noch) nicht auf einen längeren Aufenthalt in Deutschland ausgerichtet. 

So vollzogen von Sommer 1946 bis Ende 1952 die „Constabularys“ als Besatzungspolizei die Hauptfunktion einer öffentlich-polizeilichen Gewalt. In der Gablingen wie Sheridan Kaserne befand sich damals das 74th Constabulary Squadron (C-Company) von 1945 bis 1946 mit einer Ausstattung von Pferden, Motorrädern, M8-Spähpanzern und Jeeps zur Durchführung eines Ordnungsmonopols. Von September 1947 bis Ende 1948 waren dies das 2nd Constabulary Regiment (68th Constabulary Squadron) und bis Ende 1950 das 2nd Light Armored Cavalry Regiment in der Reese und Sheridan Kaserne (zu dieser Zeit noch nicht unter diesen Kasernennamen). Dabei wurden auch die nachkriegsbedingten, überwiegend militärischen Verkehrsströme auf Autobahnen und Landstraßen in die Ordnungsaufsicht einbezogen. Verkehrserziehung war damals ein besonderes Anliegen. 

Ab November 1951 wurden die Constabularys als Panzeraufklärer (Light Armored Cavalry) näher an die innerdeutsche Grenze verlegt und in Augsburg durch die erste Truppenreserve der 43rd Infantry Division (National Guard) ersetzt. Diese militärische Forcierung begründete sich durch den Korea-Krieg und der daraus gewachsenen kommunistischen Weltbedrohung. 

Die truppeninterne polizeiliche Gewalt wurde neben den MP-Abteilungen der bis 1968 in Augsburg beheimateten Divisionshauptquartiere stets auch durch die regulären MP-Einheiten des Standortes Augsburg sichergestellt. Die Durchsetzung von Recht und Gesetz („Law Enforcement Units“) spiegelt die Entwicklung der amerikanischen Militärpräsenz in Deutschland auf ihre ganz besondere Weise wieder. 

Eine Besonderheit war von 1948 bis 1956 das Railway Security Liasion Office Augsburg im Hauptbahnhof. Zur Sicherung militärischer Personen- und Gütertransporte per Bahn sowie der Gleisanlagen stand hierzu die 7747th MP Railway Security Group im Dienst. Der schrittweise Aufbau der deutschen DB-Bahnpolizei sowie die fortlaufende Verringerung von Bahntransporten der US-Streitkräfte führten im Jahre 1956 zur Außerdienststellung dieser Einheit. 

Im Juni 1948 organisierte die amerikanische Militärpolizei eine eigene Highway Patrol zur Verkehrssicherung und öffentlichen Ordnung. Zunächst in Augsburg als Detachment A, 536th MP Service Company und ab September 1951 als 62nd MP Highway Patrol Company standen in der US-Zone bis zu 275 Soldaten im Dienste der als so bekannt gewordenen „Weißen Mäuse“. Diese kleine Hauptordnungsmacht, die auch noch mit dem Untertauchen von Kriegsverbrechern und Nazi-Sympathisanten konfrontiert war, konnte erst mit dem Aufbau einer bewaffneten deutschen Polizei und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Mai 1949 allmählich auf ihre eigentlichen Truppenaufgabe hingeführt werden. 

Die Highway Patrol unterstand den jeweils übergeordneten MP-Battalions und verfügte über fünf Detachments. Diese waren dann nur noch für die Sicherung von Autobahnen und Landstraßen zuständig. Der Dienstposten war elitär angesehen und begehrt, zumal hierbei auch ein Brückenschlag zwischen Siegern und Besiegten möglich gemacht wurde. Wesentlich an der Gründung der Highway Patrol beteiligt war COL H. Norman Schwarzkopf, Vater des im Golfkrieg 1991 bekannt gewordenen Brigadegenerals gleichen Namens. Das Emblem der Highway Patrol wurde von dessen Großvater, Julius G. Schwarzkopf gestaltet und entsprach einem Vorbild der New Jersey State Police, dem Heimatstaat der Familie. 

Der überall sichtbare Slogan „Service, Prevention, Enforcement“* verdeutlichte den durchaus auch außerpolizeilich zu verstehenden Charakter der „Weißen Mäuse“, zumal die Förderung der Verkehrssicherheit auf den damals nur schwach befahrenen Straßen wohl nicht das allergrößte Schwergewicht polizeilicher Arbeit darstellen konnte. Die vielerlei Hilfestellungen auch bei den deutschen Verkehrsteilnehmern brachte die HP bald auf den Status eines Parallel-ADAC´s der Nachkriegszeit. In lobender und unterhaltsamen Weise berichteten damals die regionalen Zeitungen darüber.

 

1951: Die 536th MP Service Company (Detachment A) an der Autobahnzufahrt Ost (oben) und in der Innenstadt (unten); (Fotos: 62nd Highway Patrol History).

 

Die örtliche Präsenz der HP-Dienststellen vollzog sich meist an wichtigen Straßen und Autobahnen, wie in Augsburg bei der U.S. Forces Service Station (Geb. 1500) an der Autobahnzufahrt Ost. Dort ließ man 1951 mitten auf der leeren Fahrbahn die gesamte Fahrzeugflotte von 6 Buckel-Fords, 2 Willys Jeeps und 2 Harley Davidson-Motorrädern zum Fototermin paradieren, wie auch im Mai des gleichen Jahres in der Innenstadt. Der Wirkungsbereich des Augsburger Detachment A, 536th MP Service Company reichte bis Fürstenfeldbruck, Ulm, Landsberg sowie Donauwörth/Ingolstadt. Die „536th“ war von 1946 bis 1954 als reguläre MP-Einheit in Augsburg präsent, danach bis 1957 die C Company des 793rd MP Battalion. Das Augsburger Detachment C, 62nd MP Highway Patrol Company verfügte nach der Auflösung verschiedener MP-Standorte im Jahr 1955 über einen enormen räumlichen Zuständigkeitsbereich in Süddeutschland. Eine zweite, weitere HP-Dienststelle befand sich in der Infantry Kaserne im Hochfeld, wo der oberste MP Chief, der Augsburg Post Provost Marshall, seinen Sitz hatte. 

Von 1951 bis 1953 wechselten die Dienstfahrzeuge der „Weißen Mäuse“ auf Straßenkreuzer-ähnliche Modelle um. Die Chevrolet und Ford Sedans waren mit einer Höchstgeschwindigkeit von stolzen 150 km/h dem damaligen Allgemeinverkehr haushoch überlegen. Gleichzeitig erfolgte damit die Umstellung von roten auf blaue Warnkennleuchten und die Angleichung auf Zweiklanghörner statt amerikanischer Sirenen. Die Armbinden der MP-Soldaten zeigten sowohl die MP- wie auch die HP- Initialien.

 

Die Highway Patrol 1951: Oben bei der Pannenhilfe, unten im Team mit einem Beamten der Landpolizei an einer Autobahnausfahrt Nähe Augsburg (Fotos: 62nd Highway Patrol History).

 

Mit der deutschen Polizei gab es schon gleich nach dem Krieg gemeinsame Streifenfahrten, die als „Motor-“ oder „Walking Patrol“ in den Dienstjargon eingingen. Die deutschen Beamten dienten nicht nur den US-Polizisten zur Bewältigung von Sprachschwierigkeiten, sondern auch als Kenner und ggf. Vermittler im deutschen Straßenverkehr und zur besseren Ortskenntnis. Außerhalb der Städte nahmen die Kräfte der damaligen Landpolizei („Gendarmerie“) diese Aufgabe wahr. Mit zunehmender deutscher Souveränität (am 5.5.1955 endete das Besatzungsstatut) wurde die Highway Patrol im September 1958 insgesamt außer Dienst gestellt und in die reguläre Militärpolizei eingegliedert.

 

Links: Angehörige der 536th MP Service Company in der Reese Kaserne 1951, rechts als 62nd Highway Patrol Company 1955 bei einer Verkehrskontrolle (Fotos: 62nd Highway Patrol History).

 

Links: Eine Streifenwagenbesatzung der 62nd HP Company (Foto: 62nd Highway Patrol History). Rechts: Sicherheitsbelehrung zu alkoholfreiem Autofahren. Ein 2006 gefundener Aushang in der Sheridan Kaserne.

 

1952: Die Militärpolizei der 5th Infantry Division "Red Diamond" bewacht den Transport des Monatssoldes für die GIs im Standort Augsburg: 1,2 Millionen Dollar in bar.

 

Kalter Krieg und seine Auswirkungen auf das Stadtgeschehen 


Viel zu tun hatte die MP von 1956 bis 1958. In dieser Zeit waren die Fallschirmjäger der „berüchtigten“ 11th Airborne (Luftlande-) Division in Augsburg, von denen etliche regelmäßig für erheblichen Missmut sorgten. Andererseits bemühte sich gerade diese Einheit in einem bislang ungekannten Ausmaß erfolgreich für die Integration mit der Augsburger Bevölkerung. Mit der nachfolgenden, zwölfjährigen Stationierung der 24th Infantry Division und den zeitweise rund 30.000 Amerikanerinnen und Amerikaner in Augsburg (Soldaten, Familienangehörige und Zivilangestellte) prägte das Lebensbedürfnis all dieser Menschen das öffentliche Geschehnis im Augsburger Stadtgebiet. Insbesondere im Straßenverkehr, aber auch in der Club- und Bar- Gastronomie führte das Militärwesen zu einer Präsenz, die nicht ohne ein gewisses Deliktpotenzial bleiben konnte. 

Alkohol, Drogen, Raub, Lärm, Vergewaltigungen, Prostitution, Schlägereien, Vandalismus, Rassenauseinandersetzungen, Verkehrsunfälle mit und ohne Fahrerflucht – die Palette der auf die Augsburger Bevölkerung einwirkenden Gefährdungen mußte von der Militärpolizei ebenso abgearbeitet werden wie das kaserneninterne Deliktwesen. Dazu kamen hoheitliche Aufgaben jedweder Art, wie die Eskortierung von Fahrzeugkonvois durch die Stadt. Manche unerfahrene junge Soldaten (Wehrpflichtige) mußten sogar von einem unangebrachten Siegerrechtsgebaren auf den Stand der Zeit zurück gebracht werden. 

Der Benzinklau deutscher Zivilarbeiter, auch unter Mitwirkung von US-Soldaten, war ein typisches Delikt der frühen Stationierungsjahre in den US-Kasernen und Depots. Als am Ostersonntag 1966 ein betrunkener, 20-jähriger US-Soldat im Friedhof von Kriegshaber 88 Grabsteine umstürzte und weitere Gräber verwüstete, geriet die Volksseele vollends zum Kochen. In ausführlichen Artikeln schrieb die Presse über diesen unakzeptablen Vorfall. Mit einer kirchlichen Versöhnungsmesse und der Spende eines großes Mosaikbildes an der Aussegnungshalle des Friedhofs bemühte sich der damalige Kommandeur, General Rowny, um Wiedergutmachung. Eine Reihe ungeklärter Frauenmorde wurde zudem immer wieder dem Soldatenmilieu zugeordnet. Die Konfliktregelung zwischen GI´s und deutscher Zivilbevölkerung war ein zentrales Thema der amerikanischen Militärpolizei. Gezielte Präventionsmaßnahmen reduzierten allerdings spürbar die Quote der soldatischen Vergehen.

 

              MP des Hauptquartiers 24th Infantry Division 1958 in der Flak Kaserne (Fotos: Karl Lee).

 

Diese Bildszene aus privater Hand zeigt die Anwesenheit afroamerikanischer MP-Soldaten in einer überwiegend von schwarzen GIs besuchten Kneipe in Oberhausen. Die in diesem Schnappschuss erfaßte Heiterkeit steht im Gegensatz zu den bekannten Prügelszenen bei rassistischen Auseinandersetzungen. (Foto: Leihgabe via Antonie Altmann, Augsburg).

 (Die Uni-Studentin Ludmila Gelwich hat im Jahr 2011 in einer bemerkenswerten Hausarbeit die rassistischen Probleme der Augsburger Militärpräsenz ausgewogen beschrieben und analysiert. Die Arbeit liegt in Kopie dem Verein vor).

 

 

Eine Kriminalisierung der amerikanischen Soldaten oder gar ihrer Angehörigen wäre jedoch abwegig. Ungünstige Lebensumstände waren u.a. die Wehrpflicht, welche die jungen Männer weit von ihrer Heimat weg in die für sie ungewohnte Kultur Deutschlands führte. Frust und Heimweh führten zu manch unüberlegten Handlungen. Auch zeigten sich in den früheren Jahren die wohnlichen Zustände der Kasernenbauten nicht gerade sehr ansprechend. Die Verbrechensquote war letztendlich aber nicht höher als auf deutscher Seite. 

Gleichzeitig entwickelten sich Freundschaften ebenso wie Liebesbeziehungen oder gesellschaftliche und kooperative Netzwerke, letztere sogar innerhalb der beiden Polizei-Nationalitäten. Die US-Soldaten und ihre Angehörigen lernten auch die Reize Augsburgs und Bayerns schätzen, welche sie bis heute in Erinnerung halten und oft wieder in ihre ehemalige Garnisonsstadt reisen läßt. Dutzende Augsburger Familien stellten sich alljährlich der Herausforderung, einen amerikanischen Soldaten zum Weihnachtsfest nach Hause einzuladen. Dies alles war kein Arbeitsfeld für die Militärpolizei, sofern nicht dabei desertiert wurde.

Die Dienststellen der MP lagen in der Reese Kaserne im Gebäude 24, der Unterkunftsblock befand sich in Gebäude 2 an der Langemarckstraße. Ein beliebter Aufenthaltsort war deshalb die nahe gelegene Restaurant-Gaststätte "Heimgarten" an der Ecke zur Ulmer Straße. In der Sheridan Kaserne diente die alte Heeresnachrichten-Kasernenwache am Mittleren Weg (Geb. 148) mit Arrestzellen und Hundezwinger als MP-Station. Bis in die späten 1960er Jahre wurde das Gebäude 300 der Infantry Kaserne als MP-Station genutzt (heute noch erhalten). In der Flak Kaserne war diese in der Hauptwache (Geb. 209) untergebracht. In der Kaserne Gablingen vollzogen Wachsoldaten der 2nd Battle Group 2nd Infantry (Regiment) ab 1958 die Kasernensicherheit der 24th Infantry Division, eine eigene MP-Station der 24th MP Co ist dort nicht bekannt. Die spätere „Wullenwever-Field Station“ wies allerdings im Eingangsbereich von Geb.1801 ein MP-Office auf. 

(Anmerkung: Von 1957 bis 1977 erfolgten mehrfach Umbenennungen und Zuteilungen der C Companys in die 508th, 793rd und 385th MP Battalions. Im Oktober 1977 wurde die Company C, 385th MP Bn in 218th MP Company umbenannt und ab 1982 dem 793rd MP Battalion unterstellt. Sie erhielt dabei eine Zuständigkeit mit mehreren Außenstellen über ganz Südostdeutschland. Von Dezember 1990 bis März 1992 befand sich diese MP-Einheit im Irak-Krieg. Sie war die am längsten anwesende MP-Einheit in Augsburg).

 

In den 1970er Jahren: Links ein MP-Jeep des 385th MP Bn in der Reese Kaserne. Rechts: In der ersten Ausgabe des Jahres 1975 berichtete die Augsburger Allgemeine über eine Rettungsaktion in einem brennendem Wohnhaus, an der ein MP-Polizist mit beteiligt war.

 

1973: Soldaten des 385th MP Bn in der Reese Kaserne. Zwei Platoons mit rund 150 Mann waren in Augsburg vorstellig (Foto: Jim Sewell).

 

                          Antreten in der Reese Kaserne, 385th MP Bn, 1973 (Foto: Robert J. Bruy).

 

                           Die MP-Station in der Sheridan Kaserne Geb. 148, in den 1980er Jahren.

 

Links: Eingang zur Sheridan-MP Station. Rechts: Der Zellentrakt im MP-Gebäude 209 der Flak Kaserne.

 

Der Alltag der Militärpolizei erfolgte bis 1992 mit gemischten Streifen, insbesondere mit der Polizeiinspektion 6 in Pfersee. Die Zusammenarbeit mit anderen Augsburger PI´s sei im Gegensatz zu der amerikanisch geprägten West-Dienststelle wohl nicht immer gleich befriedigend gewesen. Dies lag offensichtlich an den Sprachschwierigkeiten, möglicherweise ebenso an den geringeren Berührungspunkten mit dem amerikanischen Leben im Augsburger Westen. So ergaben sich kuriose Mißverständnisse wie bei einem tödlichen Badeunfall eines GI´s im Kuhsee, als die deutschen Polizisten den amerikanischen Hinweis „zuviel Wasser getrunken“ nicht sinngemäß interpretieren konnten. Andererseits verblüfften die Amerikaner die deutschen Polizisten mit einfachen Konfliktlösungen, indem sie bei einer Partylärmbeschwerde schlicht nur den Stecker der Musikanlage aus der Steckdose zogen und sich keinen weiteren Amtsdiskussionen hingaben. Die Erlebnisse der MP-Soldaten zeigten sich stets von großer Vielfältigkeit. 

Berüchtigt waren die Einsätze der MP bei Schlägereien und Krawallen in den Bars und Clubs. Dort wurde des Friedens Willen kurz und bündig mit hölzernen Schlagstöcken „aufgeräumt“. Die Frage nach der Wahl der Gewaltanwendung und ihrer Verhältnismäßigkeit beantwortete ein ehemaliger Augsburger Militärpolizist mit der „zielführenden Erfordernis“. Derartige Gewalteinsätze führten auf deutscher Seite zu manch legendenhaften Darstellungen. Die Hochburgen der gastronomischen Polizeieinsätze befanden sich naheliegenderweise in Oberhausen und Pfersee. Mit der Verlagerung der Bars und Clubs in die Kasernen, aber auch mit der Veränderung der militärischen Personalstruktur durch die Nachrichtendienste, beruhigten sich die westlichen Stadtteile zunehmend. Gleichzeitig aber isolierte sich damit der amerikanische Westen vom Leben der übrigen Stadt. Ohne großes Aufsehen blieb die bürgerliche Gastronomie, an der viele US-Soldaten ihren kulinarischen wie geselligen Gefallen fanden und dabei das deutsche (bayerische) Bier wie auch die Augsburger Mädchen schätzen lernten. 

Eine in manchen amerikanischen wie deutschen Kreisen eher unbeliebte Militärpolizei-Abteilung war die 42nd MP Group (Customs). Diese von 1968 bis ca.1994 in Augsburg stationierte MP-Einheit („Customs MP“) war für Zollangelegenheiten z.B. bei Truppen- und Familienumzügen von und nach USA, Postkontrolle in zollrechtlicher Hinsicht, Bekämpfung des illegalen Handels mit zollfreien US-Waren (insb. Alkoholika und Zigaretten) und die Bekämpfung des Drogenhandels (ab 1970) zuständig. Die Nachrichtendienste in der Flak Kaserne verfügten auch stets über eigene MP-Dienststellen.

 

                              Reese MP-Station (Geb. 24) in den 1970er Jahren (Foto: Jim Sewell).

 

Festnahmeszene im April 1982. Ein ziviler Polizist sowie uniformierte MP-Soldaten im Diensteinsatz in der Reinöhlstraße (Foto: Thomas Werthefrongel).

 

In den Jahren 1992 bis 1996, also mit der einhergehenden Endpräsenz des 66. Nachrichtendienstes, agierten im immer kleiner werdenden Standort Augsburg die 615th MP Company 793rd MP Bn, ab November 1997 bis zur Schließung des Standortes Teile der 630th MP Company des gleichen Battalions. Es war diese MP, die unter Sergeant Don Wyler und Captain Wayne Box den Sheridan-Kasernenschlüssel 1998 offiziell an die Bundesrepublik Deutschland zurück gab und damit die amerikanische Augsburg-Ära beendete.

 

Abzeichen als Wandmalerei im Eingang des Building 1801, Field Station Gablingen. Links das offizielle Signet des Military Police Corps, rechts ein selbstgestaltetes, inoffizielles Emblem des 66th MI Police Platoon.

 

Exkurs 

Zur historischen Ergänzung des Themas soll nicht unerwähnt bleiben, daß in den Jahren 1945 bis 1958 das Landsberger Kriegsverbrechergefängnis (War Criminal Prison No.1) von Militärpolizisten bewacht und vom Standort Augsburg mit verwaltet wurde. Ferner befand sich auf dem Luftwaffenstützpunkt Lechfeld von 1951 bis Ende 1952 die erste europäische „Besserungs- und Bewährungsanstalt“ der Streitkräfte (7727th EUCOM Retraining Center) mit 1.000 Haftplätzen (Höchstbelegung in 1952: 1.991 Insassen), die von der 7727th Army Unit MP geleitet wurde. Aus Platzgründen wurde die Anstalt im September 1953 auf den Fliegerhorst Kaufbeuren und im Herbst 1954 nach Crailsheim weiter verlegt. 


*„Hilfeleistung, Verhüten, Strenges Durchgreifen“.

 

Quellen: 

- Schwäbische Landeszeitung/Augsburger Allgemeine

- Süddeutsche Zeitung

- www.usarmygermany.com

- 62nd Highway Patrol History

- American Military Police In Europe 1945-1991 (R. Gunnarsson)

- USMCA-Chronologie

- Private Aufzeichnungen, Zeitzeugen u. Persönliche Gespräche

- Vereinsarchiv

- u.a. 


Wir danken für die Fotoerlaubnis: Larry Linville, 62nd Highway Patrol History;  Thomas Werthefrongel und den Facebook-Freunden von Amerika in Augsburg.

 

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